Mehr Sprachen, mehr Demokratie: Sprachliche Vielfalt als Anlass für Demokratiebildung nutzen
Viele Kinder hierzulande wachsen heute mehrsprachig und mit unterschiedlichen kulturellen Einflüssen auf. Wenn Kinder ihre Mehrsprachigkeit und kulturelle Vielfalt in allen Lebensbereichen einbringen dürfen, erleben sie, dass ihre Stimme zählt, unabhängig davon, in welcher Sprache sie sprechen. Mehrsprachigkeit bietet im Klassenzimmer, Sportverein, Musikschule oder beim Nachbarschaftstreff Anlass für kreative Projekte, gemeinsames Feiern und Austausch.
Was hat das mit Demokratiebildung zu tun?
Vielfalt ist ein entscheidendes Merkmal einer demokratischen Gesellschaft – dazu gehören auch die sprachliche und kulturelle Vielfalt. Wenn Kinder diese etwa in Form von Festen, Bräuchen, Musik oder Essen erleben dürfen, entsteht ein Gefühl von Zugehörigkeit und Wertschätzung. Und sie lernen, dass Unterschiede die Gesellschaft bereichern!
Die Rolle der erwachsenen Begleitpersonen
Kinder lernen von ihren Vorbildern – deshalb ist es grundlegend, dass sich die erwachsenen Begleitpersonen selbst über ihre eigene Haltung zu sprachlicher und kultureller Vielfalt bewusst werden. Dafür ist es sinnvoll, eigene Annahmen diesbezüglich kritisch zu reflektieren. Denn auch pädagogische Fachkräfte sind nicht automatisch vor eigenen Vorurteilen und stereotypen Vorstellungen geschützt.
Du kannst dich also beispielsweise einmal fragen:
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Finde ich bestimmte Sprachen „schöner“ als andere – und wenn ja, warum ist das so? Werde dir bewusst darüber, dass jede Sprache wertvoll ist.
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Warum ist es ein Zeichen des Respekts, dass ich lerne, den Vornamen meiner Schülerin korrekt auszusprechen?
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Wie gehe ich mit kulturellen Ritualen oder Festen um, die mir fremd sind?
Methoden, um sprachliche und kulturelle Vielfalt erleben und sichtbar zu machen
Der Reichtum, den kulturelle und sprachliche Vielfalt mit sich bringt, kann ganz lebensnah bereits mit jüngeren Kindern in den Unterricht oder Freizeitaktivitäten eingebunden werden, ohne dass es dafür einer extra Unterrichtseinheit bedarf. Die Kinder können dabei von Beginn an beteiligt werden:
- Feste aus verschiedenen Kulturen gemeinsam feiern, z. B. Ramadan, Weihnachten, Chanukka oder das chinesische Neujahr. Welches Fest würden die Kinder gerne einmal näher kennenlernen oder ihren Freund:innen vorstellen? Gemeinsam kann eine Aktivität vorbereitet werden. Ein interkultureller Schuljahreskalender (z.B. Schuljahreskalender - SchlaU:Lernen) kann im Klassenzimmer aufgehängt werden, um einen Überblick über wichtige Feste und Feiern zu behalten oder noch weitere darin zu ergänzen.
- Einen „Sprachenbaum“ zum Leben erwecken: Die Sprachen, die in der Klasse oder einer Gruppe gesprochen werden, sichtbar machen, von Türkisch über Arabisch bis Polnisch, Vietnamesisch – oder auch Gebärdensprache sowie Dialekt. Wenn Kinder möchten, können sie Wörter oder Sätze aus ihrer Familiensprache vorstellen und sich z.B. fragen „Welche Wörter klingen auf unterschiedlichen Sprachen ähnlich?“, „Welche lassen sich vielleicht gar nicht in einem Wort übersetzen?“.
- Mit mehrsprachigen Begrüßungen, Büchern oder Liedern neue Perspektiven öffnen: Wie wäre es damit, wenn die Kinder ihre Lieblingslieder auf unterschiedlichen Sprachen mitbringen und dazu gemeinsam singen oder tanzen? Das bringt Bewegung in die Gruppe und macht Spaß!
- Auch das Thema Kinderrechte ist ein Einstieg, um mit Kindern über kulturelle Vielfalt zu sprechen: Jedes Kind hat das Recht auf Sprache, Herkunft und Schutz vor Diskriminierung. Wenn über diese Rechte informiert und sie im Alltag gelebt werden, entsteht ein starkes Fundament für demokratisches Miteinander.
Materialien, um tiefer ins Thema einzusteigen
Ratgeber und Materialien zum Thema diskriminierungssensible und rassismuskritische Pädagogik können bei diesem Prozess unterstützen und neue Denkanstöße geben:
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In unserer Materialsammlung finden sich hilfreiche Impulse, z.B. der Reader des Informations- und Dokumentationszentrums für Antirassismusarbeit e.V. „Diversität bewusst wahrnehmen und mitdenken, aber wie?“ und das Video der JoDDiD zum Thema „Rassismuskritische politische Bildung“.
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Auf der Webseite des Programms „Mehr Sprachen – mehr Wir“ gibt es zudem eine Materialsammlung rund um Mehrsprachigkeitsförderung.Speziell zur diskriminierungskritischen Sprachenbildung gibt dort eine Veranstaltungsdokumentation hilfreiche Impulse an die Hand: Diskriminierungskritische Sprachenbildung im Kontext von Mehrsprachigkeit.
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Wie kann Sprachförderung in der Kita gelebt werden? Das zeigt eine aktuelle Videoreihe des Programms „Stark in Sprache“.
Übrigens: Die Deutsche Kinder- und Jugendstiftung richtet im Herbst 2025 bereits im zweiten Durchlauf den bundesweiten Redewettbewerb „Mehr Sprachen – mehr WIR“ aus, bei dem Schüler:innen ab der 7. Klasse mehrsprachige Reden einreichen und den Schatz der Sprachenvielfalt präsentieren können. Mehr Informationen unter: https://www.mehrsprachen-mehrwir.de/ueber-den-wettbewerb/https://www.mehrsprachen-mehrwir.de/ueber-den-wettbewerb/ .