„Das ist mein Recht“ – Kinderrechtebasierte Demokratiebildung stärken
Die UN-Kinderrechtskonvention ist Grundlage für die Rechte, die Kindern weltweit zuteilwerden. Welche Rolle spielen die in der pädagogischen Arbeit? Und welche Verbindung besteht zwischen Kinderrechten und ?
Bei unserem letzten Digitalcafé ging es genau um diese Fragen – mit Unterstützung zweier Expertinnen für des Deutschen Kinderhilfswerks (DKHW). Die Referentinnen Ceren Sezgin und Janine Prüfer gaben in einem kurzweiligen Impulsvortrag einen Überblick darüber, was die Kinderrechte ausmacht und wie kinderrechtebasierte gelingen kann.
Was sind eigentlich Kinderrechte?
sind spezielle Rechte für alle Menschen von Geburt an bis zum 18. Lebensjahr. Sie wurden am 20. November 1989 in der UN-Kinderrechtskonvention festgelegt, die von fast allen Staaten – auch Deutschland – ratifiziert wurde. Sie sind völkerrechtlich verbindlich und in Deutschland geltendes Recht. Im Grundgesetz wurden die Kinderrechte, trotz jahrelanger Forderungen, allerdings bisher nicht aufgenommen.
Die beruhen auf drei grundlegenden Prinzipien. Sie sind:
- Unteilbar: Alle Rechte sind gleich wichtig.
- Unveräußerlich: Kein Kind kann auf seine Rechte verzichten oder sie verlieren.
- Universell gültig: Sie gelten für jedes Kind weltweit – unabhängig von Herkunft, Geschlecht oder Religion.
Das Modell vom „Haus der “ gibt einen strukturierten Überblick über die Bestandteile der insgesamt 54 Artikel der UN-Kinderrechtskonvention:
- Dach: Das Prinzip des Kindeswohlvorrangs stellt das Dach dar. Bei allen Entscheidungen, die Kinder betreffen, steht ihr Wohl an erster Stelle.
- Säulen: Die drei verschiedenen Arten der Kinderrechte – Förderrechte, Beteiligungsrechte und Schutzrechte - bilden die Säulen.
- Fundament: Die vier zentralen Artikel (1, 4, 42, 44) bilden das Fundament.
Wie gut kennen Kinder ihre Rechte?
Ein zentraler Artikel ist der zur Bekanntmachung der UN-Kinderrechtskonvention (Artikel 42). Dieser verpflichtet die Vertragsstaaten, die Grundsätze der Konvention sowohl Erwachsenen als auch Kindern allgemein bekannt zu machen. Ziel ist es, dass jeder die kennt.
Um den aktuellen Stand der in Deutschland zu überprüfen, führt das Deutsche Kinderhilfswerk seit 2018 Erhebungen durch, um den Bekanntheitsgrad unter Kinder und Jugendlichen zu bestimmen. Die letzten Erhebungen aus dem Jahr 2024https://www.dkhw.de/informieren/unsere-themen/kinderrechte/kinderrechte-index/kinderrechte-index-aktuell-beteiligung zeigen:
- Nur etwa ein Viertel der jungen Menschen kennen die Kinderrechte gut und ein Drittel kennt sie nur dem Namen nach. In Grundschulen ist die Bekanntheit über die Rechte über die Jahre angestiegen, in Hauptschulen ist sie hingegen besonders niedrig.
- Die Frage nach der Möglichkeit und Häufigkeit von Mitbestimmung in ihrem Alltag zeigt klare Tendenzen: In Familien erleben Kinder häufig Mitbestimmung, in Schule etwa ein Drittel, im Freizeitbereich sogar nur ein Viertel. Das Schlusslicht in Hinsicht Beteiligung bilden Gemeinden, in denen Kinder kaum Mitbestimmung erfahren.
Kinderrechtebasierte Demokratiebildung
Kinderrechtebasierte stellt die Rechte und Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen konsequent ins Zentrum pädagogischen Handelns. Ziel ist es, Schutz, Förderung und gleichermaßen zu verwirklichen. Dabei geht es nicht nur darum, zu vermitteln, sondern sie aktiv erfahrbar und einforderbar zu machen. Denn wenn Kinderrechte gelebt werden, dann wird Demokratie erlebt. Lernumgebungen sollten daher partizipativ, diskriminierungssensibel und inklusiv gestaltet sein. Wie kann das gelingen?
Pädagogische Haltung reflektieren und stärken
Die pädagogische Haltung spielt eine zentrale Rolle. Das Deutsche Kinderhilfswerk (DKHW) hat ein Reflexionskartensethttps://www.reflexionstool-demokratiebildung.de/materialien/reflexions-kartenset-demokratie-der-praxis entwickelt, das zur individuellen oder gemeinsamen genutzt werden kann. Es hilft, die eigene Position zu bestimmen und neue Impulse zu setzen. Zusätzlich bietet das DKHW Fortbildungen für Kita und Hort an. Auch die Selbsteinschätzung in unserem Reflexionstool sowie die Reflexionsfragen beim Qualitätskriterium Haltung und Rolle helfenhttps://www.reflexionstool-demokratiebildung.de/qualitaetskriterien/haltung-und-rolle dabei, die eigene Demokratiebildungsarbeit zu reflektieren.
Organisationsentwicklung und Qualitätssicherung
Über die individuelle Ebene hinaus, bedarf es der auf organisationaler Ebene. Zur Weiterentwicklung der Einrichtung dienen Prüffragen (die vollständigen Prüffragen sind in der PPT in der Taskcard https://taskcards.s3.hidrive.strato.com/attachments/4f0dc0b8-b83c-4317-bb5d-6b3d0c79d9f9?response-content-disposition=filename%3DDigitalCafeKinderrechte.pdf&X-Amz-Algorithm=AWS4-HMAC-SHA256&X-Amz-Credential=AHS49RUS6XLXF0S0CNIF%2F20251021%2Feu-central-1%2Fs3%2Faws4_request&X-Amz-Date=20251021T192646Z&X-Amz-Expires=604800&X-Amz-SignedHeaders=host&X-Amz-Signature=8327e58ae423fc58a70d2e20106314a02ccd0b68848cd26ea559f2c8780771cazu finden) wie:
- Welche Kinderrechte setzen wir bereits um?
- Welche Maßnahmen machen Kinderrechte bekannt?
- Wie unterstützen wir Kinder und Jugendliche bei der Äußerung ihrer Anliegen?
Eine Kinder- und Jugendrechtsrallye kann zusätzlich helfen, die Umsetzung von Kinderrechten in einer Einrichtung aus Kinderperspektive zu erkunden. Kinder und Jugendliche dokumentieren dabei mit Notizzetteln oder Kameras, wo an der Einrichtung gelebt werden und wo nicht, und überlegen gemeinsam, was verbessert werden kann.
Auch die Einrichtung von Beschwerdestellen gehört zur Qualitätssicherung. Dabei ist es wichtig, dass Beschwerden auf verschiedene Arten geäußert werden können, z.B. durch eine Meckerwand oder einen (anonymen) Briefkasten.
Praxisbeispiel: Demokratie im Jugendzentrum
Anhand eines fiktiven Fallbeispiels aus einem Jugendzentrum zeigen die Referentinnen, wie kinderrechtebasierte konkret aussehen kann:
In einem Jugendzentrum möchte eine Gruppe Jugendlicher jeden Freitag einen Gaming-Abend anbieten. Andere Jugendliche wünschen sich in diesem Zeitfenster offene kreative Werkstätten. Die Leitung lädt zu einem gemeinsamen Gespräch ein, an dem alle ihre Perspektive darstellen. Nach einer Abstimmung wird entschieden: der Gaming-Abend findet zweimal im Monat statt, die Werkstätten an den anderen Freitagen. Zusätzlich wird ein offener Mediations-Termin eingerichtet, um Konflikte zwischen Gruppen frühzeitig zu klären.
Das Beispiel zeigt: Alle Stimmen werden gehört und gemeinsam ausgehandelt – Konflikte gelten als Lerngelegenheiten. So werden Demokratie und gleichzeitig gefördert.
Methodentipps: Stärkung der Kinderrechte an Schule und im Hort
Für die Praxis bieten sich vielfältige Ansätze, um die im pädagogischen Alltag zu stärken und eine demokratische Lernkultur zu fördern:
- Schulen können institutionelle Gremien wie den Klassenrat implementieren.
- Didaktische Konzepte wie Projekt- oder Werkstattunterricht ermöglichen Kindern, Verantwortung für ihre Lernprozesse zu übernehmen.
- Die Öffnung von Aufgaben, etwa durch kreative Matheaufgaben oder selbst entwickelte Textaufgaben, fördert Selbstständigkeit.
- Peer-to-Peer-Projekte sind ebenfalls wirksam: Kinder gestalten etwa im Hort eigene Tanzaufführungen oder schlagen Ausflüge vor, die sie dann gemeinsam planen (inkl. Kosten und Anfahrt).
- Das Recht auf Spiel wird durch ausreichend Bewegungs- und Rückzugsräume gewahrt.
- Das Recht auf Schutz vor Gewalt kann durch gewaltfreie Kommunikation wie die „Giraffensprache“ oder Streitschlichterinnen in der Grundschule gefördert werden.
- Inklusion erfordert besondere Aufmerksamkeit, etwa durch niedrigschwellige Aushänge mit wenig Text, um Barrieren zu reduzieren.
Im Laufe des Digitalcafés hatten die interessierten Teilnehmenden Möglichkeit, sich zu ihren Erfahrungen und Fragen auszutauschen und diese von den Expertinnen Ceren Sezgin und Janine Prüfer beantworten zu lassen. Einen kleine Auswahl daraus findet ihr hier:
